Wie bekomme ich eine Freistellung vom Arbeitgeber für meine Weiterbildung?

Ein Großteil der deutschen Unternehmen ermöglicht ihren Mitarbeitern das Wahrnehmen beruflicher Weiterbildungsangebote. Doch welche Rechte haben Beschäftigte beim Thema Weiterbildung wirklich und wann dürfen Vorgesetzte eine Freistellung ablehnen? Welche Schritte sind bis zur Freistellung nötig und wer übernimmt die Weiterbildungskosten? Wir geben Antworten auf alle wichtigen Fragen zum Thema.

 

Habe ich einen gesetzlichen Anspruch auf eine Freistellung?

Die meisten Bundes­länder – bis auf Bayern und Sachsen – haben spezielle Gesetze, die den Anspruch von Arbeitnehmern auf sogenannten Bildungs­urlaub vorschreiben. Beim Bildungsurlaub handelt es sich um bezahlten Urlaub für Weiterbildungen, den Arbeit­geber ihren Mitarbeitern gewähren müssen. In der Regel umfasst der Anspruch auf eine Freistellung zur persönlichen Weiterbildung fünf Tage pro Jahr. Diese sind zusätzlich zum normalen Urlaubsanspruch zu gewähren.

Für die Auswahl der Bildungsangebote gilt, dass deren Inhalte nicht zwangsläufig zur ausgeübten Tätigkeit passen müssen. Arbeitnehmer sind also relativ frei, wenn es darum geht, sich für eine Fortbildung zu entscheiden. Zu beachten ist aber, dass die belegten Kurse und Anbieter offiziell als Bildungsurlaub anerkannt sein müssen. Im Netz lassen sich die entsprechenden Angebote aber schnell und unkompliziert recherchieren.

 

Muss mein Arbeit­geber mich für eine Weiterbildung freistellen, die nicht als Bildungs­urlaub anerkannt ist?

Nein, einen solchen gesetzlichen Anspruch gibt es nicht. Selbst Mitarbeitern, die am Wochenende arbeiten und einen Wochenendkurs belegen wollen, muss der Arbeitgeber diesen Wunsch nicht gewähren. Eine Ausnahme bilden Fälle, in denen der Anspruch auf Weiterbildung im Arbeitsvertrag, dem Tarif­vertrag oder der Betriebs­ver­einbarung festgelegt ist.

Arbeitnehmer, die sich für eine Weiterbildung interessieren und sich dafür freistellen lassen möchten, sollten das Thema frühzeitig mit ihrem Chef besprechen. Der richtige Zeitpunkt ist wichtig, denn gemäß der entsprechenden Landesgesetze muss der Antrag auf Freistellung mindestens sechs Wochen vor Beginn der Maßnahme eingereicht werden.

In den meisten Fällen ist eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung möglich. Idealerweise erläutern Sie Ihren Weiterbildungswunsch im Gespräch etwas näher und machen Ihrem Vorgesetzten den Nutzen deutlich, den das Unternehmen als Ganzes von Ihrer Weiterqualifizierung hat. Darüber hinaus kann es vorteilhaft sein, die Bereitschaft zu signalisieren, einen Teil Ihres Jahresurlaubs oder Ihre Wochenenden in die Weiterbildung zu investieren.

Unser Tipp: Stimmen Sie den Zeitpunkt Ihrer Freistellung mit den Bedürfnissen Ihres Arbeitgebers ab. In Zeiten, in denen branchentypisch nur wenig los ist, wird Ihre Abwesenheit nicht so sehr ins Gewicht fallen wie in Zeiten hoher Auftragslagen. Bleiben Sie im Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten flexibel und verdeutlichen Sie, dass Sie sich Gedanken über die Belange des Unternehmens gemacht haben. Zwar muss Ihnen Ihr Arbeitgeber keinen Sonderurlaub gewähren, wenn die Weiterbildungsmaßnahme nicht als Bildungsurlaub anerkannt ist. Eine Zusage ist aber sehr viel wahrscheinlicher, wenn die Weiterbildung aus Sicht des Arbeitsgebers einen Nutzen fürs Unternehmen bringt.

 

Wer übernimmt die Kosten für den bezahlten Sonderurlaub?

Die Kostenübernahme für Weiterbildungen und bezahlten Sonderurlaub sind gesetzlich nicht geregelt. In vielen Fällen ist der Anspruch auf Sonderurlaub für Weiterbildungen aber im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag beschrieben. Bevor Sie ins Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten gehen, sollten Sie daher die für das Thema Bildungsurlaub entscheidenden Verträge prüfen. Denn: Ein Bildungsurlaub kann mit oder ohne Lohnfortzahlung stattfinden. Der Arbeitgeber ist also nicht per se verpflichtet, die Kosten für die Weiterbildung im Rahmen eines Bildungs­urlaubs zu über­nehmen. Im Einzelfall sind übrigens immer die gesetzlichen Vorgaben für das Bundesland entscheidend, in dem sich der Arbeitsplatz, nicht der Wohnort befindet.

In der Regel teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Kosten: Ersterer übernimmt die Kursgebühren, letzterer zahlt das Gehalt des Arbeitnehmers für die Dauer der Freistellung fort. Warum zeigen sich Arbeitgeber in diesem Punkt häufig so kulant? Zum einen existiert in den meisten Bundesländern ein gesetzlicher Anspruch auf bezahlten Bildungsurlaub, zum anderen haben normalerweise beide Parteien Interesse an der Weiterbildung. Meist hat diese ja sogar einen Bezug zur ausgeübten Tätigkeit. Erklärt der Arbeitnehmer, dass er die Weiterbildungskosten tragen will, ist es daher sehr wahrscheinlich, dass er für die Dauer der Weiterbildung von der Arbeit freigestellt und sein Gehalt währenddessen weiter ausgezahlt wird.

Welcher Fortbildungskurs besucht wird, entscheidet der Arbeitnehmer. Schließlich geht es hier um die persönliche Weiterbildung. Möglich sind daher auch von der tatsächlichen beruflichen Tätigkeit entferntere Weiterbildungsmaßnahmen, beispielsweise Kurse zur politischen Bildung, Sprach- oder Rhetorikkurse. Auch persönliche Ressourcen und sozial-emotionale Kompetenzen können im Rahmen eines Bildungsurlaubs erweitert werden. Dazu gehören beispielsweise Soft Skills wie Veränderungsbereitschaft, Konfliktfähigkeit, Anpassungsfähigkeit, Lernbereitschaft und Motivation. Der praktische Anteil eines solchen Bildungsurlaubs ist allerdings begrenzt. Demnach dürfen Trainingseinheiten wie beispielsweise Yoga oder Entspannungsübungen in der Regel nur einen geringen Teil der Maßnahme ausmachen.

 

Wann dürfen Arbeitgeber Bildungsurlaub ablehnen?

In den Landesgesetzen sind verschiedene Gründe festgelegt, aus denen Arbeitgeber die Freistellung für den konkreten Zeitraum ablehnen können. Dazu zählt etwa akuter Personalmangel.

Hinweis: In den meisten Bundesländern haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, die für den Bildungsurlaub vorgesehenen Tage „aufzuschieben“. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer, die ein Jahr lang auf Bildungsurlaub verzichtet haben, im darauffolgenden Jahr zehn Tage bezahlten Urlaub für Fortbildungen nehmen können.

 

Muss der Arbeit­geber mir eine Weiterbildung finanzieren, wenn ich neue Aufgaben über­nehmen soll?

Nein. Arbeit­geber müssen ihren Mitarbeitern keine Lehr­gänge bezahlen oder sie zu diesem Zweck frei­stellen. Selbst wenn der Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit übernimmt und eine Weiterqualifizierung tatsächlich sinnvoll wäre, ist der Arbeitgeber hierzu nicht verpflichtet. Eine Ausnahme stellen Fälle dar, in denen Arbeitnehmer und Arbeit­geber im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung eine entsprechende Absprache getroffen haben.

Unser Tipp: Unternehmen können in nahezu allen Bundes­ländern Fördergelder für Fortbildungsmaßnahmen beantragen. Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, selbst tätig zu werden, entsprechende Möglichkeiten zu recherchieren und ihren Vorgesetzten darauf anzusprechen. Gerade Beschäftigte in kleinen und mittel­stän­dischen Unternehmen sollten sich schlau machen und die angebotenen Förderprogramme nutzen.

 

Darf mich mein Arbeit­geber aufgrund meiner Teil­zeit-Beschäftigung von Weiterbildungs­maßnahmen ausschließen?

Nein, dies ist in der Regel nicht zulässig. Laut dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge sind Arbeit­geber sogar verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass auch in Teilzeit und befristet angestellte Personen an entsprechenden Maßnahmen teilnehmen können. Diese Regelung gilt nur dann nicht, wenn dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen. Zu diesen Gründen zählt zum Beispiel ein akuter Personalmangel.

Das Gesetz verpflichtet Arbeit­geber jedoch nicht dazu, Weiterbildungs­möglich­keiten anzu­bieten. Befristet beschäftigte Mitarbeiter und in Teil­zeit arbeitende Angestellte haben daher nur dann einen Anspruch auf Teilhabe an Weiterbildungskursen, wenn diese überhaupt angeboten werden.